Ben Shelton im Halbfinale: Was den US-Youngster bei den US Open ausmacht (2024)

Als alles vorbei war und die Leute die beiden Teilnehmer dieser besonderen US-Open-Partie so richtig feierten, blickte Ben Shelton kurz zu seinem Vater Bryce in die Box. Für einen kleinen Moment wirkte er nicht selbstbewusst, sondern unsicher, ungläubig: Jubeln die wegen mir? Habe ich mir das tatsächlich verdient? Passiert das geradewirklich?

Ja, es passierte tatsächlich. Shelton hatte im Viertelfinale der US Open seinen amerikanischen Landsmann Frances Tiafoe 6:2, 3:6, 7:6 (7), 6:2 besiegt, er hatte sich den ohrenbetäubenden Lärm redlich verdient. Und er musste mit seinen gerade mal 20 Jahren alles aushalten, womit die Amerikaner eine Tennispartie aufladen können bei ihrem Heim-Grand-Slam, der nicht nur packende Spiele liefern soll, sondern mitreißende Geschichten. Bestenfalls überAmerikaner.

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Diese Partie zog ihre Faszination nicht aus taktischer Finesse, sie war auch spielerisch kein Leckerbissen. Es war eher wie eine Kneipenprügelei, bei der zwei Wüteriche wild um sich schwingen in der Hoffnung, irgendwie mehr Treffer landen zu können als der andere. Und sie zog ihre Spannung daraus, was Tiafoe davor so beschrieben hatte: "Zwei Amerikaner, zwei Afro-Amerikaner; im Stadion, das nach Arthur Ashe benannt ist. Das ist eine große Nacht für People ofColor."

Vor 55 Jahren hat Ashe die US Open gewonnen, er ist noch immer der einzige Schwarze, dem das gelungen ist. Nein, kein Gendern-Fehler an dieser Stelle, Women of Color ist das ja bereits öfter gelungen: Althea Gibson 1957 zum Beispiel und den Williams-Schwestern insgesamt acht Mal. Auch das Finale 2018 zwischen Naomi Osaka und Serena war ein Endspiel zwischen zwei People ofColor.

Nun also Shelton gegen Tiafoe, und es gewann am Ende wirklich der, der häufiger traf: 150 der 230 Ballwechsel wurden per Winner oder leichtem Fehler entschieden. Bei den Fehlern lagen sie fast gleichauf (Shelton machte einen mehr: 34), Shelton schaffte aber 50 Gewinnschläge im Gegensatz zu Tiafoes 33, und er feierte jeden einzelnen mit Gesten aus einem reichen Fundus an fröhlichenBewegungen.

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Shelton posiert auch mal wie ein Proficatcher

Man muss sich Shelton auf dem Platz vorstellen wie einen Kommentator, der radikal ehrlich ausspricht, was er gerade über Ben Shelton denkt. Nach dem ersten Satz bellte er zu seinen Begleitern: "Herrgott, ich bin krass langsam unterwegs." Nach einem gefühlvollen Cross-Passierschlag: "Ooooooh, das war gut!" Aber auch, nach einem völlig missglückten Stopp: "Heieiei, war das unnötig!" Oder als ihm sein Vater Bryce, einst Tennisprofi und jetzt der Trainer des Filius, von der Box aus mitteilte, er solle doch ein bisschen häufiger ans Netz rücken, Shelton das tatsächlich tat und nach einem Zucker-Stopp zum Papa deutete und damit sagte: Da hast du Recht gehabt - guterHinweis!

Er nimmt die Zuschauer also mit in seinen Kopf, und so hat es etwas Authentisches, wenn er nach einem tollen Ballwechsel wie ein Proficatcher posiert oder sich gegen den Bizeps klopft. Es ist etwas völlig anderes, wenn sich einer ehrlich freut und das Publikum mitreißt, als wenn einer die Leute mit Jetzt-macht-doch-mal-ein-wenig-Lärm-Gewinke animiert, wie das so viele Profis bei den US Open tun. Jubel ist wie ein Spitzname: sollte man nie fordern, muss man sichverdienen.

Tiafoe hat sich beides verdient mit seinem unfasslichen Run im vergangenen Jahr, als er mit einem Sieg über Rafael Nadal ins Halbfinale stürmte und die Aufsteigergeschichte erzählte, die sie so lieben in diesem Land: armer Junge, dessen Vater in einer Tennisakademie schuftete, der den Sport probierte und sich damit ein Stipendium an einer Uni sichern wollte. Auf dessen Armband "Warum nicht ich?" stand, eine Botschaft an sich - aber auch an andere, wie er sagte: "Wenn nur ein schwarzes, unterprivilegiertes Kind wegen mir Tennis spielt, habe ich etwaserreicht."

Das war vor einem Jahr. Nun erzählt Shelton die neue Geschichte, das war in dieser Nacht im Arthur Ashe Stadium deutlich zu hören: Niemand wollte Tiafoe verlieren sehen, klar, aber sehr viele wollten dann doch, dass Shelton gewinnt. Die Story von Shelton: Mega-Talent aus der oberen Mittelschicht, Star im US-College-System - der vor den Australian Open in diesem Jahr, wo er das Viertelfinale erreichte, die USA nicht verlassen hatte. Ein Lausbub, der gerne grinst und Blödsinn macht; einen, den sie in Deutschland wohl zu aufgedreht und zu optimistisch fänden, wie sie ihn in den USA aber lieben: co*cky, also selbstbewusst an der Grenze zuArroganz.

"Good Vibes" nennt Shelton das, wenn er tolle Schläge wie den Return zur Satzball-Abwehr im dritten Durchgang mit Michael-Jordan-Achselzucken feiert. Oder seinen Erfolg, indem er, der als Kind tatsächlich noch ein Fetstnetz-Telefon im Elternhaus in Atlanta hatte, die Hand zum Hörer formt und auf die Gabel legt als Zeichen: kein Anschluss unter dieser Nummer mehr. "Good Vibes" nennt er auch die Beziehung zum Vater - der ihm vor dem Matchball mitteilte: "Pass auf, da kommt ein guter Return, sei bereit." Es kam ein guter Return, Shelton war bereit. Also: Anruf beim Vater per Handzeichen, Auflegen, Schluss. "Er gibt mir immer, was ich brauche", sagte er danach: "Das kann taktischer Rat sein oder positiveEnergie."

Ben Shelton im Halbfinale: Was den US-Youngster bei den US Open ausmacht (4)

Nun ist er der jüngste Amerikaner im US-Open-Halbfinale seit Michael Chang 1992, und er trifft dort auf einen, der, wie Shelton sagt, "schon 23 dieser Dinger gewonnen hat". Novak Djokovic ist der Gegner, und der steht im Verdacht, dass er gegen Laslo Djere in der dritten Runde nur deshalb die ersten beiden Sätze verloren hat - alle andere Partien gewann er glatt -, um zu sehen, wie sich das anfühlt, 0:2 hinten zuliegen.

"Hey Leute", rief Shelton den Zuschauern auf dem Weg vom Arthur Ashe Stadium zur Arthur-Ashe-Statue zu: "Vielleicht schaut ihr ja vorbei am Freitag und feuert mich ein bisschen an." Deren Reaktion: Sie werden da sein, und zwarzuhauf.

Ben Shelton im Halbfinale: Was den US-Youngster bei den US Open ausmacht (2024)

FAQs

Where does Ben Shelton rank? ›

14 in this week's ATP rankings. This is also the highest ranking of Shelton's young career. He began the 2023 season at No. 96 in the world, but his achievements over the past year helped propel him to the top 15 in the world.

What did Ben Shelton do to Tiafoe? ›

He drove his two-handed backhand flat and deep, and he whipped and hooked his forehand into the corners with a buzzing topspin that made the ball dive and curl. It was clear from the start that Shelton was hitting a heavier ball, and he used it handcuff Tiafoe and at times outright overpower him.

What did Ben Shelton say about Novak? ›

Ben Shelton was asked about Novak Djokovic saying 'he did not behave correctly with respect on the court': “I don't really have anything else to say on the whole US Open situation. I feel like I've been asked about it constantly in the last four or five months.

Who won Ben or Francis? ›

Ben Shelton beat Frances Tiafoe in the final of the US Men's Clay Court Championship. Tiafoe was the defending champion but Shelton eventually overcame him in three sets.

Does Ben Shelton still go to college? ›

When Shelton turned pro, he forwent his final years of college eligibility. He had been playing tennis at the University of Florida, with the Gators men's tennis team, where he made huge waves, including helping the team win the national championship in 2021, and then winning the men's singles title in 2022.

What did Ben Shelton study in college? ›

College career

A finance major, Shelton mostly played No.

How much money has Ben Shelton made? ›

Ben Shelton's net worth is estimated to be $2 million, as of January 2024. His primary sources of income are tennis prize money and endorsem*nt deals.

Who is the father of Shelton Ben? ›

Ben and Bryan Shelton, Son and Father, Hit the Road as Player and Coach. Bryan Shelton guided his son for years as a junior and in college.

When did Ben Shelton turn pro? ›

Shelton went pro late in the summer of 2022.

Shelton planned to return to Gainesville for his junior season last year. But that changed in the summer of 2022, when he decided to try his luck on a pro tour. (Amateur players are allowed to compete on the professional circuit so long as they don't keep their prize money.)

What did Ben Shelton do? ›

Ben Shelton has won two ATP Tour singles titles. He defeated Aslan Karatsev in straight sets to win the Japan Open title in October 2023, before prevailing over Frances Tiafoe in three sets to claim the Houston Open title in April 2024.

Is Ben Shelton in break point? ›

Two and a half years ago, Ben Shelton did not own a Pepperstone ATP Ranking. Now the American is one of the biggest stars in all of tennis. The lefty's rapid ascent was documented in Season 2 of Netflix's hit docuseries Break Point.

What episode is Ben Shelton in on Break Point? ›

Shelton also went very far in the 2023 US Open (as shown in episode six) where he developed a unique celebratory gesture. He is another young gun to watch out for after doing so well in his first year of Grand Slams.

What happened with Tiafoe? ›

Tiafoe fell into a rut after the 2023 U.S. Open and has won just seven of 17 matches since then. In the offseason he ended his three-year run with Ferreira. "Sheesh, we had a ton of success. But sadly we've decided to part ways.

Was Ben Shelton a qualifier? ›

In the same city three months later, Shelton won another four straight matches to charge into the quarterfinals of the Champaign ATP Challenger as a qualifier. His run was stopped by Yosuke Watanuki, but it pushed him toward the top 500.

How many aces did Shelton have against Tiafoe? ›

Shelton's serve was the key to his win -- he hit 11 aces and won 83% of his first serve point. He took the first set with a break in the 12th game but Tiafoe struck back, breaking to go 2-1 up in the second and confidently forcing a deciding set.

How much money has been Shelton made playing tennis? ›

Ben Shelton Salary & Earnings

According to the ATP (Association of Tennis Professionals), he has won over $31. Million in prize money in his career as of 2024. He is currently one of the most talented and entertaining young players on the ATP tour.

How much does Ben Shelton weigh? ›

What nationality is Shelton? ›

Ben Shelton has long been regarded as the future of American tennis. After reaching the quarter-finals at this year's Australian Open and the semis at the US Open, the Atlanta-born phenom finally won his maiden ATP Tour title at the Japan Open.

Did Ben Shelton play football? ›

“I played pretty much every sport growing up and I really got hooked on American football,” said Shelton, who competed for the Florida Gators and helped them win a first team national championship in 2021, and a year later, the NCAA men's singles title.

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Author: Allyn Kozey

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